Das böse Wort mit „O“ oder: Wie ich einen Kater bekam!

 

Schon während meiner Schulzeit hatte ich ein Thema, dass mir selbst ungemein schwer fiel! Die Orientierung! Zum Beispiel der Weg zur Turnhalle meiner Blinden- und Sehbehindertenschule.

Besonders im Winter war es so kräftezehrend, im Schnee den Rand des Weges, geschweigedenn überhaupt einen geeigneten Orientierungspunkt zu finden.

Obwohl ich während meiner Schulzeit nicht im Internat oder in der Tagesstätte war, machte ich Bekanntschaft mit Erziehern, die mich auf dem weitläufigen Gelände herumirren sahen.

Manchmal war ich irgendwo falsch abgebogen, meistens war ich sogar nur wenige Meter von der Halle entfernt und fand den richtigen Weg einfach nicht mehr. Es kostete nicht nur für mich große Überwindung, mir einzugestehen, dass ich diesen Weg niemals alleine schaffen würde, sondern ich musste oft eine Freundin bitten, extra am Donnerstag vor dem Nachmittagssport mit mir zu warten, um mich nach einer Stunde Mittagspause zur Turnhalle zu begleiten.

Als Entschädigung kaufte ich ihr meist ketchupchips.

Irgendwann wurde ein Zivildienstleistender für mich abgestellt, der mich begleitete. Immer auf jemanden angewiesen zu sein, nervte mich und ich hatte immer den Glaubenssatz, niemals einen Weg alleine zu bewältigen!

 

Das Thema Mobilität ist wohl neben Mathe der größte Feind in meinem Leben!

Ich hatte eine Mobilitätstrainerin, mit der ich mich nicht verstand. Nachdem ich das erste Jahr an meiner neuen Schule wunderbare Klassenkammeraden hatte und diese mich immer eingehakt auf dem Weg zur Turnhalle begleiteten, ermarnte die trainerin mich, dies nicht zu tun, da ich sonst den Weg nicht alleine wissen würde.

Damals mit elf Jahren, jung und nicht so nachdenkend über die Konsequenzen wie heute, fand ich es nur lästig und hörte nicht auf sie! Die Folge war, dass ich im nächsten Schuljahr eine Klasse bekam, mit denen ich mich nicht so gut verstand und die desöfteren viel schneller bei der Turnhalle waren als ich!

 

Es war ein schreckliches Gefühl kann ich euch sagen!

 

Gespräche mit Lehrern halfen auch nicht viel. Entweder ich würde den Weg lernen oder ich wäre immer auf jemanden angewiesen!

 

Zum Glück habe ich wunderbare Freundinnen! Wirklich, ich bin so unendlich dankbar für euch alle!

Eine besonders gute Freundin hatte mit mir Klassenübergreifend Sport. Wir gingen immer zusammen zurück zur Schule. Manchmal schafften wir es sogar, zusammen vor dem Sportunterricht hinter zu laufen.

Als die Freundin, die eine Klasse über mir war, ihre Schule beendete, war ich wieder alleine und wusste nicht, wie ich es schaffen sollte!

In meinem letzten Schuljahr hatten wir immer in den letzten zwei Unterrichtsstunden Sport. Meine besten Freundinnen, die alle außerhalb meiner Klasse waren, gingen mit mir gemeinsam vor Ende der großen Pause zu meinem Albtraumort! Wir zogen es sogar durch, dass ich vor ihnen alleine lief und sie hinter mir als Absicherungen gingen, falls ich es doch mal wieder schaffte, zur Schulkantine abzubiegen!

Sie opferten ihre Pause, um mir zu helfen! Das ist ganz große Klasse und verdient eigentlich einen Orden!

In dieser Zeit lernte ich wirklich, auf wen ich zählen kann!

 

und wie sieht es heute aus?

Ich habe meinem Problemkind einen Namen gegeben: Orientierungskater!

Ich mag Katzen und deshalb dachte ich mir, warum der Angst nicht etwas mehr positivität geben?

 

Heute fühlt sich das Thema Orientierung immer noch an wie eine unbarmherzige Hürde, von deren Macht ich noch nicht ganz die Oberhand gewinnen konnte!

 

trotzdem haben mein Kater und ich schon einiges, sehr positives, erlebt! Wir sind von ungllaublich lieben Menschen angesprochen worden, die uns geholfen haben. Dadurch sind so manche tolle und wertvolle Kontakte entstanden! Wir sind tatsächlich schon so manches Mal auch alleine losgezogen! Zum Beispiel sind wir schon zur Mensa meiner Ausbildung gelaufen, oder sind im Aura-Hotel Saulgrub herumgestromert und haben als Barfrau fungiert!

Auch, wenn es selten ist und vielleicht kleine Wege, die wir alleine ohne Begleitung bewältigen, aber mein Katerchen und ich lassen uns nicht unterkriegen!

 

Irgendwann werde ich es schaffen, auch für meinen Kater ein anständiges Training zu arangieren, mit einer lieben Trainerin, die meine Angst versteht und mich wieder ermutigt, alleine los zu gehen und mein Katerchen frei laufen zu lassen!

 

Habt ihr auch so einen Kater an eurer Seite? Es muss kein Orientierungskater sein, es kann auch ein Spinnenkater, ein Sozialkater oder irgendeine andere Katzenrasse sein!

 

Über dieses Thema zu schreiben, fiel mir wirklich nicht leicht! Es doch getan zu haben, fühlt sich gut an!