Neue Nähe Hackathon Teil 2: Freitag, 30.06.2017: Emotionale Abschiede und leise Achterbahnfahrten

Es war der letzte Tag meines Praktikums bei Microsoft. Ein sehr emotionaler Moment war für mich, als sich mein Manager von mir verabschiedete. Wahnsinn, wie schnell so ein halbes Jahr vergeht! Es war eine Zeit voller spannender Momente und tollen Begegnungen! Sich jetzt wieder auf etwas unbekanntes einzustellen, ist schon sehr ungewohnt.

Ich schrieb an meinem allerletzten Blogbeitrag für die weltweite Microsoft-community und hatte mal wieder völlig die Zeit vergessen. Marco kam zu uns ins Büro und wollte mich abholen. Ich räumte mir noch eine halbe Stunde ein, da ich noch nicht ganz mit dem Eintrag fertig war. Als er dann noch mal kam, veröffentlichte ich gerade den Blog, war also so gut wie bereit. Schweren Herzens verabschiedete ich mich noch von meiner Kollegin und verließ gemeinsam mit Marco das Office. Wir entwerteten meine Karte und machten uns anschließend auf den Weg zu seinem Auto. Dann ging die Fahrt los.

 

Da Marco eigentlich um 15:00 Uhr bei der Veranstaltung sein musste, um sie zu moderieren, war es zeitlich ein bisschen knapp. Ich machte mir ein wenig vorwürfe, schließlich waren wir wegen mir später losgefahren. Doch der Verkehr machte uns einen Strich durch die Rechnung. Und wir standen im Stau. Das Navi zeigte 15:45 als Ankunftszeit an, also würden wir zu spät kommen. Marco telefonierte mit Kollegen und es stellte sich heraus, dass die Speaker, die eigentlich für den Freitagabend geplant waren, im selben Stau standen wie wir, bloß noch weiter hinten. Es wurde also entschieden, die talks auf den Samstag zu legen. Wir kamen nicht rechtzeitig, aber sicher in Erlangen an, das war die Hauptsache!

 

Bevor wir zur Veranstaltung fuhren, holten wir noch etwas bei Marco zu Hause ab. Seine Frau und seine kleine Tochter begrüßten uns freudig. Marcos Frau gab mir ein Glas Wasser und wir unterhielten uns kurz in der Küche. das Mädchen war ganz aufgeregt, denn sie hatte noch nie zuvor einen blinden Menschen gesehen. Es freut mich, wenn Kinder damit „konfrontiert“ werden. Sie sind viel unbefangener als Erwachsene. Marco entschied, seine Tochter mitzunehmen. Wir fuhren also zu dritt zum Hackathon.

 

Als wir ankamen, hatte die Veranstaltung bereits begonnen, denn es war nicht mehr möglich gewesen, die Begrüßung zu verschieben. Gerade stand ein blinder Mann mit seinem Laptop auf der Bühne. Er zeigte, wie man ohne Maus navigiert und machte darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, bei Websites auf Barrierefreiheit zu achten. Dies zeigte er an einem Formular, das nicht barrierefrei gestaltet war. An einem Video demonstrierte er dann, wie schwierig es für uns blinde Personen ist, mit technischen Geräten, die nur mit einem Touchscreen ausgestattet sind, umzugehen.

Das Beispiel war eine Kaffeemaschine und natürlich fiel mir da sofort die Bedienerunfreundlichkeit der Kaffeemaschine bei Microsoft im Office ein. Diese war nämlich auch nur mit Touch zu bedienen. Nicht, dass ich Kaffee trinke, aber auch die Möglichkeit, mir einen Tee zu kochen, blieb mir mit dieser Konstruktion verwehrt.

Der Vortrag gefiel mir sehr gut. Als er geendet hatte, wurde der Mann direkt neben mich auf den freien Platz gebracht. Ich begrüßte ihn, stellte mich vor und lobte ihn für seinen tollen Vortrag. Er stellte sich als Bahadddin vor.

Auch von meiner Erfahrung mit der Kaffeemaschine im Office erzählte ich ihm. Er verstand mich natürlich sehr gut. Aber nicht nur mich hatte sein Vortrag begeistert. Wir wurden von verschiedenen Personen daraufhin zu der Bedienung von Websites, aber am allerhäufigsten bezüglich der Kaffeemaschine befragt. Dann ging Marco auf die Bühne und erzählte kurz, in welchen Räumen wir uns während des Hackathon aufhalten durften. Daraufhin folgte ein Vortrag über ChatBots. Solche Bots können mithilfe von künstlicher Intelligenz mit dem Benutzer kommunizieren. In manchen Ländern werden sie verwendet, um Geld zu überweisen.

Nach dem Vortrag gab es Chili Con Carne mit Brot zum Abendessen.

Dabei ergaben sich sehr interessante Gespräche mit Studenten der Universität Erlangen. Danach stellte sich ein Projekt aus Düsseldorf mit dem Namen PICSL vor. Das Project unterstützt Menschen, die selten oder gar nicht mit technischen Geräten in Berührung kommen, bietet Kurse und Schulungen an und programmiert Anwendungen, um das Leben für diese Personengruppe technisch zu erleichtern.

Der Gründer von PICSL und drei Mitarbeiter hielten den Vortrag. Alle Mitarbeiter hatten selbst eine Behinderung.

 

Nach und nach formierten sich die Teilnehmer zu Gruppen und schmiedeten erste Pläne für die Umsetzung von Apps oder Websites. Ich fand es ein bisschen schade, dass ich nicht programmieren konnte, denn so hätte ich ein wenig unterstützen können. Aber es wartete schon etwas anderes spannendes auf mich! Florian Thurnwald, ein Werkstudent bei Microsoft begrüßte mich. Wir hatten ein paar Wochen zuvor bezüglich der HoloLens, einer Brille, die von Microsoft entwickelt wurde, miteinander zu tun. Er hatte mir damals angeboten, die Brille zu testen. Obwohl ich keine Sehkraft habe, war es mir möglich, mit der HoloLens Geräusche zu orten. Je näher ich einem Objekt kam, desto lauter wurde der Ton.

Ich freute mich sehr, Florian zu sehen. Er erzählte mir, welche Strapazen er mit dem E-Auto auf sich nehmen musste. Es ist nämlich gar nicht so einfach, wenn man nur noch wenige Kilometer mit dem Auto zurücklegen kann, weil der Strom knapp ist und die nächste Ladestation zu weit weg.

Florian fragte, ob ich mit zur nächsten Ladestation fahren möchte.

Ich war sehr begeistert, denn mit einem Elektroauto zu fahren, wünschte ich mir schon länger.

 

Zuerst hatte ich das Gefühl, in ein normales Auto einzusteigen, aber dann, als wir los fuhren, hörte ich den Motor gar nicht. Das Gefühl, als wir schneller wurden, war atemberaubend. Es fühlte sich an, wie in einer Achterbahn zu sitzen. Einfach nur toll! wir hörten Musik, genauergesagt Flos Lieblingsband, die ich noch nie zuvor gehört hatte.

Aber ich bin sehr offen, was Musik angeht.

Dann hielten wir an der Ladestation. Wir stiegen aus und er zeigte mir, wie man das Auto an den Strom anschloss.

Jetzt hieß es 20 bis 30 Minuten warten, denn so lange braucht das Auto, um aufgeladen zu werden. Aber das machte nichts, denn wir hatten Musik und Gespräche. Als das Auto wieder mit genügend Strom versorgt war, machten wir uns auf den Rückweg.

 

Als wir wieder beim Hackathon ankamen, wurden wir schon erwartet. Alexandra und Ulli, die beiden Mitarbeiterinnen der Aktion Mensch, wollten ins Hotel fahren. Wir suchten Bahaddin. Er war mit einigen anderen in einem der Coding-Räume , tüftelte und beriet. Er arbeitet selbst als Programmierer.

Das Team hatte ein sehr spannendes Projekt: Sie wollten eine Website erstellen, die eine Plattform für Menschen mit Behinderung schafft, damit man Probleme schildern kann und Hilfsmittel auflisten, die es bereits für die Problemlösung gibt. Es sollte ein Austausch zwischen Programmierern und Menschen mit Behinderung werden. Da es aber ziemlich schwierig wäre, die Website für alle Zielgruppen barrierefrei zu gestalten, kamen sie zu dem Schluss, es vorerst für Blinde auf zu bereiten. Die Website kann dann auch stetig erweitert und auf andere Zielgruppen angepasst werden.

 

Nach diesem aufregenden Tag fuhren wir mit dem Auto zum Hotel. Alexandra brachte mich zu meinem Zimmer. Nach dem sie mich noch mal anrief, um mir zu sagen, dass sie mich am nächsten Morgen um 9:00 Uhr zum Frühstück abholen würde, ging ich ins Bett. Da ich mir leider nichts zum Schreiben mitgenommen hatte, nahm ich mir ein paar Notizen auf mein Handy auf. Wäre ja schlimm, wenn ich etwas vergesse.

 

Neue Nähe Hackathon Teil 1: Ein Hackathon für Menschen mit und ohne Behinderung

Teil 1: Ein Hackathon für Menschen mit und ohne Behinderung

Von Freitag 30.06. bis Sonntag, 02.07.2017 fand in Erlangen der zweite „Neue Nähe Hackathon“ der Aktion Mensch und Microsoft statt. Durch den Aufruf der App CUBUS, die über Veranstaltungen und Berichte für blinde und Sehbehinderte informiert,

erfuhr ich von diesem Event.

Ein Hackathon ist ein Programierwettbewerb. Spaß und ausprobieren stehen bei solchen Veranstaltungen im Vordergrund.

Die drei Sieger des „Neue Nähe Hackathon“ werden mit einem Preisgeld ausgezeichnet und sollen, wenn möglich, die Produkte im Anschluss an die Veranstaltung weiter entwickeln.

Da ich bis zum 30.06.2017 Praktikantin bei Microsoft war, kontaktierte ich gleich Astrid Auperle, die als Ansprechpartnerin für interessierte angegeben wurde.

Sie ist für soziales Engagement bei Microsoft zuständig.

Nach kurzem Mail-Austausch leitete sie mich an Marco Richardson weiter, der an dem Hackathon teilnehmen würde. In einem kurzen Gespräch erzählte er mir dann vom ersten „Neue Nähe“ Hackathon, der im Dezember 2016 in Berlin stattfand. Bereits im März erfuhr ich durch meinen Manager des Teams, in dem ich während des Praktikums war, von diesem Event.

Ich sah mir Videos von den Ergebnissen des letzten Hackathon an.

 

Marco versprach mir, sich mit der Aktion Mensch in Verbindung zu setzen, um den Aufenthalt in Erlangen während der drei Tage für mich zu organisieren. Eine Woche nach diesem Gespräch trafen wir uns wieder, um alles organisatorische zu klären. Wir würden gemeinsam vom Microsoft Office München nach Erlangen fahren. Ein Hotelzimmer wurde auch organisiert. Die gesamten Kosten übernahm die Aktion Mensch.

Das Abenteuer konnte beginnen!